03.03.2019 / 10
Immer wieder darf ich mit unserem Architekten zusammen mit Interessierten durch St. Johann Baptist gehen und über die Kirche berichten: ihre Entstehung, ihre Bau- und Erweiterungsphasen, der Wiederaufbau nach ihrer Zerstörung durch die Bombardierung unserer Stadt, die Neugestaltung in den neunzehnhundert achtziger Jahren und der aktuelle Stand der Sanierung. Vor ein paar Jahren hat es über Nacht einen gewaltigen Riss durch das gesamte Kirchenschiff gegeben; mit einem Schlag hat es die Bodenplatten im Mittelgang aufgestellt. Die Spannungen, die sich wohl über Jahrzehnte in der Kirche aufgestaut haben, mussten sich Luft verschaffen. Dieses Ereignis hat die Notwendigkeit der Sanierung erst bewusst gemacht und schließlich eingeleitet. Spannend und herausfordernd während des bisherigen Verlaufs ist, dass wir nicht mit einem fertigen Konzept beginnen konnten; vieles zeigte und zeigt sich im Verlauf, es musste und muss teilweise neu gedacht und anfangs geplante Verfahren geändert werden und konnten und können gar nicht zur Durchführung kommen. Wenn ich zurzeit in die geschlossene Kirche hineingehe, erschreckt mich der Zustand ihres Inneren: da sind nur Gerüste, Staub und Schmutz, unangenehme Gerüche, keine Schönheit, das Kreuz und der Altar sind verhüllt, …
Bei näherem Hinschauen kann ich aber – noch Anfang Haft – auch erste Ergebnisse sehen: gereinigte Mauern, ganz neugedachte Entwürfe, neue Lichtplanungen, …
Die Sanierung von St. Johann beschäftigt mich, und wird für mich zu einem Geschehen der Kirche weltweit!
Bei einem Gespräch mit einem Missbrauchsopfer sagte Kardinal Schönborn im Blick auf die wenige Tage später stattgefundene Konferenz des Papstes mit den vorsitzenden Bischöfen der Bischofskonferenzen in Rom, dass es wohl zuallererst um ein Bewusstwerden von Zuständen und Verhaltensweisen der Kirche gehen wird/muss. Für mich ein Bewusstwerden, das nicht „nur“ den Umgang mit Schutzbefohlenen wahrnehmen will, sondern sich auf alle vorstell- und noch unvorstellbaren Bereiche kirchlichen Denkens, Redens, Lebens, Handelns und Verhaltens ausweiten will und muss, sie anschaut und zu Veränderungen offen ist und aufbricht, auch wenn sie noch gar nicht geplant und gedacht sind. Das Neu-Bewusstwerden des Verhaltens Gottes gegenüber den Menschen, wie er es uns in Jesus seinem Sohn zeigt!
Vor unserer Kirche hängt ein Plakat, darauf steht:
So reinigt Gott seine Nutzgefäße, füllt sie neu mit seinem Geist und macht sie wieder brauchbar!
Der Untergang der Kirche, der Gemeinschaft der Gerufenen, ist nicht in seinem Heilsplan; die Reinigung und Neuordnung schon.
Beim letzten Firmnachmittag unserer Jugendlichen bin ich ins Staunen gekommen über die Antworten, die sie im Blick auf das Leben, seine Zusammenhänge und sein Gelingen gefunden haben – das war und ist stark! Und da war ein Gebet – Sie kennen es:
Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben. (GL 19,4)
Pfarrer Markus Mattes