Kindheit bewahren heißt authentisch bleiben!

26.05.2019 / 22

„Herr Kaplan, wann kommen jetzt endlich die Fürbitten?“ So die Frage eines Kommunionkindes während der Predigt in einer kürzlich stattgefundenen Erstkommunionfeier, welcher ich als Hauptzelebrant vorstehen durfte. Sie können sich die Reaktion der Gottesdienstbesucher vorstellen, welche sich irgendwo zwischen Überraschung, Amüsement und sichtbarer Erheiterung verorten lässt. Und auch ich war, ehrlich gestanden, für eine kurze Zeit völlig aus dem Konzept gebracht. Aber schon nach wenigen Augenblicken gewann ich die Erkenntnis, dass dieser Ausspruch genau in die Thematik passte, über welche sich in diesem Gottesdienst die Predigt handelte: Um das Bewahren der Kindheit im positiven Sinne und die daraus resultierenden Folgen.
An mehreren Stellen innerhalb des Neuen Testaments hören wir von Jesus die Aussage, nach welcher nur derjenige in das Himmelreich gelangen kann, der wieder wie ein Kind geworden ist. Was kann diese Anweisung nun im Konkreten bedeuten? Nun, ich denke, Jesus möchte damit nicht sagen, dass wir uns möglicherweise kindisch und damit vielleicht sogar verantwortungslos verhalten sollen. Vielmehr geht es ihm, meiner Ansicht nach, um die Ehrlichkeit, welche vor allem und gerade Kinder in einem ganz zentralen Maße auszeichnet. Und wenn wir uns an die eigene Kindheit zurück erinnern, dann fallen uns bestimmt verschiedene Situationen ein, in welchen wir kindlich, aber eben auch ehrlich gehandelt haben. Also ich habe, ehrlich gestanden, durch manche Aussage meine Eltern vielleicht in die ein oder andere peinliche Situation gebracht. Aber: Diese Aussagen entsprachen meist der Wahrheit und kamen wirklich aus der vollen Brust der Überzeugung. Als Kind überlegen wir nicht vorher, ob ein Satz oder eine Handlung jetzt gerade angebracht ist. Wir tun oder sagen es einfach. Wenn ein Kind fröhlich ist, dann lacht es und sei dies auch beispielsweise während eines Gottesdienstes. Diesbezüglich sei angemerkt: Der uns gerade als Kind meist eingetrichterte „Grundsatz“, nach welchem man in der Kirche nicht lacht, ist im Grunde eigentlich mehr als paradox. Wo, wenn nicht am Ort der wahren Freude, an welchem Gott uns bereits ein Teil seiner himmlischen Herrlichkeit schenken möchte. Oder wenn ein Kind traurig ist, dann zeigt es dies durch Weinen oder Jammern. Diese Offenheit wurde uns leider im Laufe des so genannten „Erwachsenwerdens“ regelrecht abgewöhnt. Wir trauen uns leider später viel zu selten, offen zu unseren Gefühlen zu stehen. Und genau diese Ehrlichkeit und Offenheit des Kindseins gilt es nun wieder verstärkt zurückzugewinnen, bzw. sich zu erhalten. Und genau dies wünsche ich jenem Erstkommunionkind, dass sich mutig zu Wort gemeldet hat und damit ehrlich seine Meinung kundgetan hat, nach welcher ich wohl schon zu lange gepredigt hätte und jetzt endlich zum Schluss kommen solle. Und genau dies werde ich jetzt auch im Rahmen dieses Artikels tun.

Kaplan Bernd Udo Rochna