22.09.2019 / 39
Angesichts des Hochmuts, mit dem Staatschefs wie Donald Trump oder Boris Johnson ihre Interessen verfolgen oder auch ein Joachim Löw auf Kritik reagiert, wird derzeit in den Medien vielfach der Ruf nach mehr Demut laut.
So hat plötzlich ein alter Begriff Hochkonjunktur. Gab doch bereits der Apostel Petrus den Rat: „Begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt Stolzen entgegen, Demütigen aber schenkt er seine Gnade.“ (1 Petr 5,5)
Lange Zeit schien Demut in unserer modernen und aufgeklärten Welt überflüssig und aus der Mode gekommen. Demut wurde als Unterwürfigkeit, Unterordnung und Kriecherei missverstanden und wirkt bis heute in machen Köpfen nach. Diese Missdeutung hat jedoch nichts mit dem Demutsbegriff zu tun, von dem Petrus schreibt oder den auch Jesus im Sinn hat, wenn er über sich selbst sagt: „Ich bin gütig und von Herzen demütig.“ (Mt 11,29)
Der Psychologe und Theologe Siegfried Rudolf Dunde definiert Demut als „eine Gesinnung, bei der sich der Mensch als Mensch erkenne“. Demnach ist Demut etwas für Mutige, denn es erfordert Mut die eigenen Grenzen zu erkennen und anzuerkennen. Demütig sein bedeutet nicht sich klein zu machen, sondern ganz im Gegenteil setzt es innere Freiheit und Größe voraus.
Sich als Mensch mit all seiner Begrenztheit anzunehmen klingt einfacher als es ist. Demut will geübt sein. Im Laufe unseres Lebens erhalten wir dazu zahlreiche Gelegenheiten, z.B. beim Erleben des Wunders der Geburt und der Tragik des Todes, in der Erfahrung von Naturgewalten, beim Ertragen von Krankheiten, in Momenten des Scheiterns oder des Staunens, …
Demütig zu sein erniedrigt den Menschen nicht, sondern hebt ihn über sich hinaus.
Diakon Andreas Thalhofer