15.09.2019 / 38
Die Deutschen sind gelassener geworden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Langzeitstudie der R+V Versicherung über die größten Ängste der Deutschen für dieses Jahr. Der Angst-Index liegt auf einem tieferen Niveau als in den letzten 25 Jahren. Wie aussagekräftig diese Untersuchung letztlich ist, kann ich nicht sagen. Die Sorgen allerdings, die dabei zur Sprache kommen, sind durchaus bedenkenswert, seien es die Fragen bezüglich der Integration von Flüchtlingen, seien es die Probleme am Wohnungsmarkt oder die Angst vor den Folgen des Klimawandels. Auch die Angst vor Krankheit, vor dem Zerbrechen der Partnerschaft oder vor Schadstoffen in den Lebensmitteln haben ganz konkrete Ursachen.
In manchen dieser Besorgnisse kann auch ich mich wiederfinden. Ich möchte aber nicht auf einzelne Ängste eingehen, sondern einfach die Angst, die Sorge um das, was zukünftig geschehen könnte, in den Blick nehmen. Dabei liegt mir nicht daran, unsere Ängste klein zu reden oder nicht ernst zu nehmen. Was bei einem ungebremsten Klimawandel passieren kann, deutet sich jetzt schon an, und es ist keine Kleinigkeit. Wie schmal der Grat zwischen Gesundheit und Krankheit ist, das erlebe ich fast täglich am Krankenbett, und dass der Tod unserem Leben eine Grenze setzt, gehört unaufhebbar zu unserem Dasein.
Denke ich an die Zukunft, dann kann ich auch als gläubiger Christ bei vielen Bedrohungen nicht einfach sagen: Gott wird das schon richten. Es ist an uns zu handeln – auch im Bewusstsein, dass die Erde und andere Menschen uns anvertraut sind. Es bringt nicht weiter, sich vor dem Klimawandel zu fürchten, aber nichts zu ändern. Es bringt nicht weiter, auf die Bedenken über die Zahl der Flüchtlinge nur damit zu antworten, die Grenzen möglichst hermetisch zu verschließen. Das Bemühen um Integration der Menschen auf der Suche nach einer neuen Heimat bleibt uns nicht erspart. Es bringt nicht weiter, Krankheit oder einen frühen Tod zu fürchten, aber weiter einen krank machenden Lebensstil zu pflegen.
Doch für mich verändert sich im Glauben etwas Grundlegendes. Weil ich darauf vertraue, dass Gott alle Wege mit mir geht, gebe ich der Angst keine Macht über mich. Weil ich darauf vertraue, dass Gott mich nie allein lässt, kann ich gelassen in die Zukunft blicken, auch wenn am Horizont drohende Wolken heraufziehen. Weil ich darauf vertraue, dass Gott mir auch in Herausforderungen beisteht, kann ich die notwendigen Schritte tun. Es mag mir Manches nicht erspart bleiben, ich kann es annehmen mit Gott an meiner Seite, und nie kann ich tiefer fallen als in Gottes Hände, auch nicht im Tod.
Was die Zukunft im Einzelnen bringen mag, kann ich nicht wissen, allenfalls mehr oder weniger begründet spekulieren. Ganz sicher bin ich mir jedoch in einem Punkt: Gott wird alles zu einem guten Ende führen. Alle Wege führen vielleicht nicht nach Rom, aber bestimmt in das Reich Gottes. Warum die Deutschen in diesem Jahr gelassener sind, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich deshalb gelassen bleiben kann, weil ich mich bei Gott gut aufgehoben weiß.
Kaplan Andreas Schmid